„Das Eintauchen in eine fremde Sprache ist die beste Methode, sie zu erlernen“


Die WELT AM SONNTAG schrieb schon am 8. Juli 2007: „Die Leibniz-Schule in Elmshorn ist eine der wenigen Lehranstalten in Deutschland, die ihren Schülern nicht bloß ein, zwei Stunden Englisch in der Woche einpaukt, sondern in der Grundschule einen komplett zweisprachigen Unterricht bietet.“ Mathematik, Sachunterricht – alles in englischer Sprache. „Englisch ist für die Kinder bei uns kein eigenes Fach“, sagt die aus der Schweiz stammende „Mrs Marti“, die auch auf dem Pausenhof ausschließlich Englisch mit den Schülern spricht. „Sie nehmen die Sprache spielerisch auf. Das funktioniert ganz selbstverständlich, unabhängig von der Sprachbegabung.“

Die Anfänge sind zunächst banal und unspektakulär. Doch gemessen am Status quo der meisten anderen Schulen gehören die Leibniz-Schüler schon frühzeitig zu einer privilegierten Minderheit im deutschen Bildungssystem: Sie lernen richtig Englisch.“


WELT-Autor Steffen Fründt fragte bei Professor Henning Wode aus Kiel nach, dem Begründer des Unterrichts auf Englisch (Immersion) in deutschen Schulen. Linguist Henning Wode kämpft gegen den traditionellen Unterricht mit Grammatik-Pauken, Erklären und ständigem Verbessern: „Das Eintauchen in eine fremde Sprache ist die beste Methode, sie zu erlernen.“

Welt am Sonntag: Herr Professor Wode, inzwischen wird in den meisten Bundesländern immerhin bereits in der Grundschule die erste Fremdsprache gelehrt, nicht mehr erst ab Klasse 5.

In manchen schon ab der 1. Klasse, ja. Aber auch die Kultusminister wissen, wie wenig bei zwei Stunden in der Woche herauskommt. Durch diesen lehrgangsorientierten Sprachenunterricht kommen die Kinder viel zu kurz und auf die falsche Weise mit der Sprache in Kontakt. Wie es besser geht, können Sie in Kiel-Altenholz und Elmshorn sehen – diese Schüler sind mit ihren Leistungen Weltspitze. Schon wenn die Kinder mit drei Jahren in die Kita kommen, haben sie es je zur Hälfte mit Englisch und Deutsch sprechenden Erzieherinnen zu tun. Die englischsprachigen Betreuerinnen verstehen zwar auch gut Deutsch. Doch sie antworten den Kindern aus Prinzip immer nur auf Englisch. So lernen die Kinder sehr schnell, die ersten Begriffe zu verstehen.

Keine Grammatik, keine Regeln – die Kleinen bekommen die Sprache einfach um die Ohren gehauen. Und das funktioniert?

Es gehört zur genetischen Ausstattung des Homo sapiens, dass wir mehrere Sprachen lernen können und uns deren Struktur eigenständig erschließen – das gilt nicht etwa nur für besonders begabte Menschen. Die immersive Methode entspricht schlicht der Art und Weise, wie Kinder auch ihre Muttersprache erlernen. Eltern pauken mit ihren Kleinkindern ja auch nicht Vokabeln oder Grammatik. Der herkömmliche Fremdsprachenunterricht bringt gerade deshalb so wenig, weil das Insistieren auf Korrektheit von Anfang an, auf Üben, Erklären, Korrigieren und Lehrstoffprogression nicht der Funktionsweise der menschlichen Sprachlernfähigkeiten entspricht. Es blockiert eher die Entfaltung dieser Fähigkeiten.

Leidet da nicht die Muttersprache?

Nein. Die überwiegende Mehrzahl der Kinder auf der Welt – wie etwa in Afrika oder Asien – wächst mehrsprachig auf. Das einsprachige Abendland ist da eher die Ausnahme. In den 70er-Jahren glaubte man noch, dass unter einem frühzeitigen Kontakt zu einer Fremdsprache die Muttersprache leiden könnte – doch Untersuchungen haben längst belegt, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil: Sie profitiert eher.

Statt Normalunterricht sollen Schüler laut Immersionslehre ein „Sprachbad“ nehmen. Wie kann man sich das vorstellen?

Englisch ist die Arbeitssprache. 70 Prozent des Unterrichts – alle Fächer außer Deutsch – werden auf Englisch unterrichtet. So sind die Schüler ständig im Kontakt mit der Sprache und lernen, sie auf den verschiedenen Themenfeldern einzusetzen. Das funktioniert gut.

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